Am 24.02.2020 beehrten uns Frau Dr.in Marisa Mühlböck, Geschäftsführerin discovering hands International Affairs und Frau Mag.a Stefanie Bramböck, Geschäftsführerin von discovering hands Österreich und stellten uns im Rahmen eines Round Tables das Sozialunternehmen discovering hands vor.
Nach wie vor ist Brustkrebs, mit rund 5.200 jährlichen Neuerkrankungen, die häufigste krebsbedingte Todesursache für Frauen in Österreich. Die gute Nachricht ist jedoch, dass die Heilungschancen bei Diagnose im frühen Erkrankungsstadium bei etwa 80-90 Prozent liegen. Früherkennung kann also Leben retten. Gleichzeitig gibt es in Österreich laut Statistik Austria derzeit rund 12.000 blinde und hochgradig sehbehinderte Frauen. Nur jede fünfte hochgradig sehbehinderte Person ist derzeit erwerbstätig. Bei Frauen ist die Quote tendenziell noch schlechter.
Genau hier setzt discovering hands an. Das Sozialunternehmen setzt die ausgeprägten taktilen Fähigkeiten von blinden und sehbehinderten Frauen in der Brustkrebsfrüherkennung ein und macht so eine Behinderung zu einer Begabung, die noch dazu die Gesundheit fördert. Es widmet sich in seiner Tätigkeit demnach gleich zwei wichtigen Bedarfsbereichen der Gesellschaft. Einerseits bietet es ein zusätzliches, niederschwelliges und persönliches Angebot zur Brustkrebsfrüherkennung und andererseits eine Möglichkeit der Integration von blinden und hochgradig sehbehinderten Frauen in den ersten Arbeitsmarkt an.
Den Grundstein für diese Initiative legte der deutsche Gynäkologe Dr. Frank Hoffmann. Er war unzufrieden mit der Qualität der klinischen Brusttastuntersuchungen, die er seinen Patientinnen im Rahmen seines Praxisalltags bieten konnte. Er hatte, wie so viele Gynäkolog*innen weder die Zeit noch eine angemessene Methode, um diese systematisch und gezielt durchführen zu können. So entstand die Idee, diese so wichtige Aufgabe an Personen zu übertragen, die von Natur aus prädestiniert für die Durchführung von klinischen Brusttastuntersuchungen sind: blinde und hochgradig sehbehinderte Frauen mit ihrem ausgeprägten Tastsinn, der auf die neuronale Plastizität des Gehirns zurückzuführen ist. Es entstand das Berufsbild der Medizinisch-Taktilen Untersucherinnen (MTUs).
Im Rahmen einer ca. einjährigen discovering hands-Ausbildung lernen blinde und hochgradig sehbehinderte Frauen alles rund ums Thema Brustgesundheit, die Anatomie der weiblichen Brust und wie sie das Brustgewebe nach einem eigens entwickelten, standardisierten und qualitätsgesicherten Untersuchungskonzept systematisch abtasten können. Durch das Erlernen dieser fundierten medizinischen Kenntnisse in Kombination mit ihren ausgeprägten taktilen Fähigkeiten können die ausgebildeten MTUs bereits kleinste Knötchen ertasten. Wichtig hierbei ist zu erwähnen: In der Ausführung der klinischen Brusttastuntersuchungen arbeiten MTUs und Ärzt*innen immer im Team. Die MTU dokumentiert die Tastergebnisse mit Hilfe patentierter Orientierungsstreifen und der Arzt oder die Ärztin stellt die Diagnose und berät die Patientinnen über das weitere Vorgehen.
Neben der zweimal jährlich vorgesehenen Mammografie im Rahmen des Brustkrebsfrüherkennungsprogramms und der zuvor beschriebenen klinischen Brusttastuntersuchung durch MTUs und Ärzt*innen nennt discovering hands die monatliche Selbstuntersuchung der Brust als dritte Säule der optimalen Vorsorge. Aus diesem Grund bietet das Sozialunternehmen neben den Tastuntersuchungen auch Schulungen zur Selbstuntersuchung der Brust an. Hierbei haben Teilnehmerinnen die Möglichkeit von den ausgebildeten Medizinisch-Taktilen Untersucherinnen zu lernen, wie sie ihre Brust selbst systematisch und gezielt abtasten können.
So schafft discovering hands eine soziale Win-Win Situation wie aus dem Lehrbuch. Einerseits werden blinde und sehbehinderte Frauen gefördert. Sie erhalten eine neue berufliche als auch persönliche Perspektive und das eigene Einkommen sowie die große Wertschätzung der Patientinnen und Kolleginnen tragen wesentlich zur Steigerung ihres Selbstwerts bei. Andererseits wird die Brustgesundheit aller Frauen gefördert. Sie erhalten eine zusätzliche Methode der Brustkrebsfrüherkennung und ihr Bewusstsein zum Thema Brustgesundheit wird durch die Teilnahme an den klinischen Brusttastuntersuchungen und Schulungen zur Selbstuntersuchung der Brust gestärkt.
In Deutschland bereits etabliert, besteht discovering hands Österreich, die erste Länderzentrale außerhalb Deutschlands, derzeit als Pilotprojekt. Die flächendeckende Etablierung erweist sich als schwieriger als gedacht. Auf Grund eines sehr strengen Ärzt*innenvorbehalts darf die klinische Brusttastuntersuchung in Österreich, im Gegensatz zu Deutschland, nicht von Ärzt*innen an MTUs delegiert werden. Es braucht hierfür erst die gesetzliche Anerkennung des Berufsbildes der Medizinisch-Taktilen Untersucherin. Um diese zu erreichen, wurde über die letzten Jahre eine vom Gesundheitsministerium genehmigte Wirksamkeitsstudie durchgeführt, deren Ergebnisse demnächst veröffentlicht werden sollen.
Auch international entwickelt sich discovering hands. Eine internationale Etablierung der Methode als auch der Aufbau eines „Know-How-Transfer Centers“ sind in Planung. So sollen insbesondere Entwicklungsländer, in denen einerseits die Anzahl von arbeitslosen blinden und sehbehinderten Frauen noch höher ist und andererseits die Verbesserung des Brustkrebsfrüherkennungssystems dringend notwendig wäre, von discovering hands profitieren. Pilotprojekte gibt es bereits in Kolumbien, Mexiko und Indien.
Falls Sie noch mehr über discovering hands www.discovering-hands.at wissen wollen, an einer Schulung zur Selbstuntersuchung der Brust bzw. an einer kostenlosen Studienteilnahme interessiert sind, ist das Team von discovering hands Österreich gerne telefonisch unter +43 650 4956568 oder unter office@discovering-hands.at für Sie erreichbar.