Das Lachen und die Scherze der Frauen sind alles, was man hören kann, wenn man vor dem Container der Schneiderei in der Frauen- und Mädchenoase im Flüchtlingslager Za‘atari im jordanischen Gouvernement Mafraq, nahe der syrischen Grenze, steht.
Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) sind seit Beginn des Konflikts in Syrien ungefähr 666,700 Menschen von Syrien nach Jordanien geflüchtet. Davon leben heute circa 80,000 syrische Geflüchtete im Flüchtlingslager Za‘atari.
Der Schneiderei-Workshop findet in einem offenen Bereich des Lagers statt, der von neun großen weißen Hafencontainern umgeben ist, in denen Frauen an verschiedenen Stadien der Kleidungsproduktion teilnehmen. Öffnet man die Tür eines der Container, betritt man einen hell erleuchteten Raum, in dem einige lächelnde Frauen hinter acht Nähmaschinen sitzen und an bunten Stoffen arbeiten. Es gibt vier Reihen von Nähmaschinen, zwei in jeder Reihe. Der verbleibende leere Raum wird von anderen Frauen eingenommen, die auf ihren Platz hinter den Nähmaschinen warten, um die Stücke fertigzustellen, an denen sie gerade arbeiten.
Zwei sehr eifrige Frauen, Fatima (36) und Hajar (36), begrüßen Besucher*innen und sind sehr offen, wenn es darum geht, ihre Arbeit und ihre Geschichten zu teilen.
Der Schneiderei-Workshop hat ein wenig Freude in das Leben der geflüchteten Menschen aus Syrien im Lager Za‘atari zurückgebracht, so wie für die 36-jährige Fatima. Bildnachweis: UN Women/Yara Sharif
„Mein Mann ist ein verletzter Militärüberläufer. Er kann nicht arbeiten, also habe ich es auf mich genommen, für ihn und meine drei Kinder zu sorgen. Durch einen Zufall erzählte mir eine Frau von der Oase von UN Women und der Schneiderei, und hier bin ich nun. Es ist das Beste, was mir je passiert ist, seit wir vor drei Monaten aus Syrien geflohen sind“, sagt Fatima strahlend, während Hajar zustimmend mit dem Kopf nickt.
Im syrischen Flüchtlingslager Za‘atari unterstützt UN Women Jordanien die Einrichtung eines „sicheren Raums“ namens „Women and Girls Oasis“. Das „Cash for Work“-Programm ermöglicht es geflüchteten Frauen aus Syrien, die von Beruf Schneiderin und Friseurin sind, sechs Stunden am Tag in den Werkstätten zu arbeiten und ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Schneiderinnen nähen Neugeborenenkleidung für Babys, die in den Krankenhäusern des Lagers entbunden werden.
Hajar, eine andere Teilnehmerin, spricht mit unglaublicher Offenheit über die Nöte, die sie erlebt hat: „Ich habe viel durchgemacht und nicht erwartet, dass mein Leben so verlaufen würde, wie es verlaufen ist. Ich bin mit meinen fünf Kindern aus Syrien geflohen, weil ich Drohungen auf das Leben meines Sohnes erhalten habe. Ich ließ alles zurück, mein Haus, meinen Mann und all mein Hab und Gut, und machte mich auf die Reise ins Ungewisse. Ich erreichte das Lager bereits deprimiert und konnte nur wenige Worte mit den anderen wechseln. Irgendwann wurden meine Worte von der Traurigkeit erstickt, das Lächeln verließ mein Gesicht und Tränen wurden zu einem ständigen Begleiter.“
Hajar sagt jedoch, dass sich ihre Trauer allmählich aufzulösen begann, nachdem sie von der Schneiderei-Werkstatt erfahren hatte. Als professionelle Schneiderin beteiligte sie sich an den Aktivitäten, die in der Oase stattfanden, zusammen mit etwa 300 Frauen und Mädchen im Teenageralter. Folgende Aktivitäten werden in der Oase angeboten: Schneiderei, Friseur, Zeichnen, Englischunterricht, Mosaik, Kunsthandwerk und Gymnastik.
Hajar war früher eine professionelle Schneiderin in Syrien und sagt, diese Arbeit wieder aufzunehmen, hat ihr geholfen, mit der Traurigkeit, ihr Land zu verlassen, umzugehen. Bild: UN Women/Yara Sharif
Die Wirkung der Oase geht weit über eine reine Einkommensquelle für die Frauen hinaus. Die wachsende Verbundenheit und das Vertrauen zu den Mitarbeiterinnen der Oase und anderen Frauen haben viele ermutigt, über Tabuthemen wie geschlechtsspezifische Gewalt im privaten Bereich zu sprechen. Sie tauschen sich aus und scheuen sich nicht mehr, über ihre Erfahrungen mit psychischer und emotionaler Gewalt zu sprechen, der sie in ihrem Zuhause ausgesetzt sind.
Die Oase hat es geflüchteten Frauen ermöglicht, diesen sicheren Hafen zu nutzen und eine andere und unerwartete Rolle im sozialen Leben des Lagers sowie innerhalb ihrer eigenen Familienstruktur zu erfahren. Sie sind zu Ernährerinnen geworden und ihr Beitrag zum Haushalt wird von ihren Ehemännern anerkannt, wie Fatima berichtet. Die Oase gilt als eine Intervention, die das Lächeln in die Gesichter von Fatima und Hajar zurückgebracht hat.
„Wir haben jetzt Hoffnung! Wir fühlen uns sicher und freuen uns auf den Tag, an dem wir in ein friedliches und stabiles Syrien zurückkehren“, sagt Hajar abschließend.