Während das Jahr 2020 vor allem dafür in Erinnerung bleiben wird, wie das Coronavirus unser Leben in fast jeder Hinsicht verändert hat, konnten wir auch einige Fortschritte für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter beobachten.

Von neuen Gesetzen, die sich mit häuslicher Gewalt und Gleichberechtigung befassen, bis hin zur entscheidenden Führungsrolle von Frauen während der globalen Pandemie, feiern wir einige Schlüsselmomente für die Gleichberechtigung der Geschlechter:

1. Frauen in Führungspositionen brillieren im Kampf gegen COVID-19

Weltweit arbeiteten Regierungen daran, angemessen auf die Coronakrise zu reagieren. Untersuchungen ergaben, dass in Ländern, in denen Frauen an der Spitze stehen, die Reaktionen schneller, effektiver und stärker waren. In Neuseeland, Deutschland, Finnland und Bangladesch, führten die schnellen und entschlossenen Maßnahmen der verantwortlichen Frauen zu weniger Corona-Fällen und weniger Todesopfern. Obwohl das Coronavirus die Wichtigkeit von Frauen in Führungs- und Entscheidungspositionen aufgezeigt hat, gibt es bis Dezember 2020 weltweit nur 22 Länder, in denen Frauen als Staats- und/ oder Regierungschef_innen fungieren.

Foto: UN Women Asia and the Pacific

2. USA wählt erste Frau als Vizepräsidentin

Im November 2020 wurde Kamala Harris als erste Frau zur Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten gewählt. Mit dieser Wahl durchbrach Harris Barrieren, die seit vielen Jahren Männer auf den höchsten Ebenen der amerikanischen Politik verankert hatten.

Nach ihrer Vereidigung im Januar 2021 wird sie sich in die Reihe anderer weiblicher Vizepräsidenten auf der ganzen Welt einreihen, wie beispielsweise in Bulgarien, Nicaragua, Liberia, Costa Rica, Venezuela, Gambia und im Südsudan. Der designierte US-Präsident Joe Biden kündigte zudem auch ein rein weibliches Kommunikationsteam an, eine Premiere für das Weiße Haus.

3. Schottland ermöglicht kostenlosen Zugang zu Menstruationsprodukten

Das schottische Parlament hat im November 2020 einstimmig für das Gesetz über Periodenprodukte gestimmt. Damit ist Schottland das erste Land, das den kostenlosen und allgemeinen Zugang zu Menstruationsprodukten – einschließlich Tampons und Binden – in öffentlichen Gebäuden, wie Schulen und Universitäten, ermöglicht.

Es ist ein bedeutender Sieg für die globale Bewegung gegen die Menstruationsarmut, die Frauen und Mädchen in vielerlei Hinsicht beeinträchtigt. Bei 12,8 Prozent der Frauen und Mädchen weltweit, die in Armut leben, führen die Kosten von Menstruationsprodukten und zusätzliche Steuern dazu, dass viele nicht in der Lage sind, notwendige Hygieneprodukte zu kaufen.

4. Afghanistan: Mütter erstmals in Geburtsurkunden ihrer Kinder genannt

In Afghanistan hat der Präsident ein neues Gesetz verabschiedet, das besagt, dass zum ersten Mal der Name der Mutter auf den Geburtsurkunden und Ausweisen ihrer Kinder genannt wird. Damit wird es für Frauen einfacher, Bildung, Gesundheitsversorgung und andere Dokumente für ihre Kinder zu erhalten.

Die Änderung wird vor allem Frauen zugutekommen, die verwitwet oder geschieden sind oder anderweitig Kinder allein großziehen. Das neue Gesetz kommt nach einer jahrelangen Social-Media-Kampagne #WhereIsMyName, die sich für Frauenrechte und Empowerment im Land einsetzt.

5. Pekinger Aktionsplattform lebt zum 25. Jahrestag neu auf

Im Oktober kamen, auf Einladung des Präsidenten der Generalversammlung und von UN Women, Staats- und Regierungschef_innen zusammen, um den 25. Jahrestag der Pekinger Erklärung und Aktionsplattform zu feiern, das bis heute umfassendstes Konzept zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter. Über 100 Länder verpflichteten sich zu konkreten Maßnahmen, die die Verwirklichung der Geschlechtergleichstellung und die Stärkung von Frauen und Mädchen weltweit beschleunigen sollen.

Einige der Verpflichtungen umfassen die Beseitigung diskriminierender Gesetze, sozialer Normen und Geschlechterstereotypen, die Abstimmung von Verpflichtungen zur Gleichstellung der Geschlechter mit angemessener Finanzierung, die Stärkung von Institutionen zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter, die Nutzung des Potenzials von Technologie und Innovation zur Verbesserung des Lebens von Frauen und Mädchen sowie die regelmäßige Erhebung, Analyse und Nutzung von Geschlechterstatistiken.

 

Mit Blick auf die Zukunft richten sich alle Augen auf die Maßnahmen und Verpflichtungen zur Umsetzung der Gleichstellung der Geschlechter auf dem Forum zur Gleichstellung der Generationen in Mexiko und Frankreich im Jahr 2021.

Weltweit liegt der geschlechtsspezifische Lohnunterschied bei 16 Prozent. Für farbige Frauen, Frauen mit Migrationshintergrund und Frauen mit Kindern ist der Unterschied sogar noch größer.

Die brasilianische Fußballspielerin Marta Vieira da Silva ist UN Women Goodwill Ambassador für Mädchen und Frauen im Sport. Foto: UN Women

6. Gleicher Lohn für Fußballer_innen in Brasilien und Sierra Leone

Brasilien und Sierra Leone haben sich zusammen mit Australien, England, Norwegen und Neuseeland öffentlich zur gleichen Bezahlung von Fußballerinnen und Fußballern verpflichtet.

In Sierra Leone umfasst die Verpflichtung zur Gleichstellung Auftrittshonorare und Siegprämien für die Frauennationalmannschaft. In ähnlicher Weise werden in Brasilien weibliche Nationalspielerinnen in Vorbereitungszeiten und Spielen gleich bezahlt wie männliche Nationalspieler.

7. Kuwait: Gesetz gegen häusliche Gewalt gibt Frauen Hoffnung

Im September hat Kuwait ein neues Gesetz zum Schutz vor häuslicher Gewalt erlassen, nachdem sich kuwaitische Frauenrechtsgruppen jahrelang dafür eingesetzt hatten. Das Gesetz schafft ein nationales Komitee, das Richtlinien zur Bekämpfung häuslicher Gewalt erarbeiten soll. Es richtet auch Schutzräume und eine Hotline ein, um Beschwerden über häusliche Gewalt entgegenzunehmen, bietet Beratung und Rechtsbeistand für Überlebende und ermöglicht Notfall-Schutzanordnungen, um Missbrauchstäter daran zu hindern, ihre Opfer zu kontaktieren.

Obwohl das neue Familienschutzgesetz für das Land mit der hohen Rate an häuslicher Gewalt ein Schritt nach vorn ist, bleibt noch viel Arbeit, um das Gesetz umzusetzen, Schutzlücken zu schließen und diskriminierende Gesetze aufzuheben.

Weltweit stieg mit der COVID-19-Pandemie die allgegenwärtige Gewalt gegen Frauen dramatisch an. Die Anrufe bei Beratungsstellen stiegen in zahlreichen Ländern in den ersten Wochen des Ausbruchs des Coronavirus um das bis zu Fünffache an. Hochrechnungen zeigen, dass bei einer dreimonatigen Abriegelung zusätzlich 15 Millionen Frauen Gewalt erfahren könnten.

8. „Kid of the Year“ der TIME Gitanjali Rao feiert Mädchen- und Frauenpower in der Wissenschaft

Die fünfzehnjährige Wissenschaftlerin und Erfinderin Gitanjali Rao wurde vom TIME-Magazin zum allerersten “Kid of the Year” gewählt.

Schon früh hat Rao darüber nachgedacht, wie man Wissenschaft und Technologie nutzen kann, um einen sozialen Wandel herbeizuführen. Sie entwickelte mit Kindly eine App und eine Chrome-Erweiterung, die auf künstlicher Intelligenz basiert und Cybermobbing in einem frühen Stadium erkennen kann.

9. Neuseeland ernennt erste einheimische Frau zur Außenministerin

Nanaia Mahuta wurde im November als erste indigene (einheimische) Frau zur Außenministerin von Neuseeland ernannt. Mahuta, die Maori ist und 1996 zum ersten Mal ins Parlament gewählt wurde, hat zuvor Geschichte geschrieben, als sie als erste weibliche Abgeordnete ein moko kauae, ein traditionelles Tattoo, auf ihrem Kinn trug.

Neuseeland hat auch eines der diversesten Parlamente der Welt, angeführt von Premierministerin Jacinda Ardern. Fast die Hälfte der Gesetzgeber sind Frauen, und etwa 10 Prozent der neuen Parlamentarier sind Mitglieder der LGBTQ-Gemeinschaft.

10. Zwei Frauen gewinnen den Nobelpreis für Chemie

Das erste Mal in der Geschichte geht der Nobelpreis für Chemie an zwei Frauen. Im Oktober 2020 wurden Dr. Emmanuelle Charpentier und Dr. Jennifer A. Doudna mit dem Nobelpreis für Chemie für ihre Genome-Editing-Methode Crispr/Cas9 ausgezeichnet, die damit das Bearbeiten von Genen revolutionierten.

Die beiden Wissenschaftlerinnen waren federführend bei den Bemühungen, von Mikroben hergestellte Moleküle in ein Werkzeug zur Anpassung von Genen zu verwandeln.

… und zum Jahresende werden Schwangerschaftsabbrüche in Argentinien legalisiert! Nach jahrelangen Demonstrationen von Frauen_bewegungen und Zivilgesellschaft stimmte Argentiniens Senat am 30. Dezember für die Legalisierung von Abtreibungen bis zur 14. Schwangerschaftswoche.